Samstag, 24. Januar 2009
 
Christen-Wahlkampf: Man ist per Sie PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Viktor Englisch   
Mittwoch, 6. August 2008

„Die Christen“ wollen bei den Nationalratswahlen bundesweit antreten. Die ÖVP-Fundis und radikalen Abtreibungsgegner sehen sich als Frauenbefreier und Sozialstaatsbewahrer. Und sie sehen sich von „linksextremen Gewalttätern verfolgt“. Wie sie ticken, hat Viktor Englisch recherchiert. Er hat sich bei einem „Vorwahl-Treffen“ eingeschlichen.

„Jedes Treffen braucht einen zündenden Beginn“, sagt Erich Pekarek und steht vom Sessel am Vorsitztisch auf. „Erheben wir uns also zum Vater unser“. Man hört das Gemurmel der knapp 20 Anwesenden, ihre Augen in dem Hinterzimmer eines Währinger Heurigen sind zu Boden gerichtet, die Hände gefaltet. Streng, mit Spannung, wie auf Dürers Gemälde oder die Finger ineinander verschränkt. Zum Amen bekreuzigt sich die Gruppe.

Das einzige, was im Lokal auf das Treffen hinweist, ist ein A4-Flyer, der in einer Zierleiste in der Tür steckt. Hätte man nicht das Gebet erlebt, man könnte diese Gruppe schwer einordnen. Vielleicht der Sparverein des Lokals oder ein Kegelverein. Es sind vorwiegend Pensionisten und ein paar ältere Angestellte. Vier Frauen sind hier, ebenfalls im pensionsfähigen Alter, und zwei junge Männer. Der Anfang-60er neben mir ist mit dem Fahrrad aus dem 14. gekommen. „Es ist schon weiter als bis zur Arbeit. Ich arbeite im 9. Ist das Ihr erstes Treffen?“

Für ein kleines Treffen einer gut vernetzten Gesinnungsgemeinschaft ist man hier sehr förmlich. Man ist per Sie. Distanz ist wichtig bei den „Christen“, bei aller Freundlichkeit.

„Die Wahlen haben uns überrascht“, erzählt der schnauzbärtige Pekarek in ruhigem Tonfall. Der Wiener Landesobmann der Christen scheint seine Aufgabe gefunden zu haben. Die Umwelt zu missionieren. Er wirkt entspannter als andere Anwesende, etwa die Frau am Tisch vor dem seinen. Die mollige Schwarzhaarige mit ausgeprägtem Teint dürfte um die 40 sein und hat ein waches Auge auf die Gruppe.

„Wir müssen 500 Unterschriften in Wien sammeln. Das werden wir doch schaffen“, zeigt er sich optimistisch. Nicht zu Unrecht: „Die Christen“ haben zwei Landtagskandidaturen geschafft, in Tirol und in Niederösterreich. Dann schwadroniert Pekarek sehr umständlich über die Modalitäten der Unterstützungsunterschriften. „Und übrigens: Wir haben hier auch Kandidaturerklärungen. Wir brauchen Kandidaten. Bitte unterschreiben Sie, dass Sie bereit sind, auf unserer Liste zu kandidieren“. Auf jedem Tisch liegen die Erklärungen, vier oder fünf der Anwesenden unterschreiben sofort. Auch der fettleibige Mann an meinem Tisch. Er fällt optisch ein wenig heraus. Der Mitt-Vierziger wirkt eher proletarisch, der Rest kleinbürgerlich. Der Pensionist am Ende meines Tisches, der ständig in seinen Unterlagen kramt, die er in einer Klarsichtfolie hat, etwa erinnert mit seiner Fischerjacke und dem blauen Halstuch stark an einen Pfadfinder. Am Kragen seines roten Polos trägt er ein rotes Kreuz aus Email. Ein Mann am Nebentisch ist mit dunkler Hose, Krawatte und ohne Sakko gekommen. Ein Mormone, frage ich mich unwillkürlich und schaue nach, ob er ein Namensschild trägt. Fehlanzeige.

„Wir haben auch ein paar Hilfestellungen vorbereitet“, erzählt Pekarek, dessen weites gelbes Seidenhemd auch in dieser Hitze noch keine Anzeichen von Schweiß zeigt. Überraschend bei einem Mann seines Alters und seiner Körperfülle. Vielleicht liegt es an seiner betont ruhigen Art. „Hier etwa sind Zettel, auf denen steht, wie man mit Moslems reden sollte. Da steht das Wichtigste drauf, was man über den Islam wissen muss. Das hat ein anerkannter Religionsexperte in unseren Reihen erstellt. Wer das per e-mail haben will, soll sich bitte in die Liste eintragen“. Die Liste ist die Rückseite einer Rechnung der Telekom Austria.

Immer wieder unterbricht die Kellnerin Pekareks an sich schon behäbigen Sprechfluss. Bei den Essensbestellungen hat es Probleme gegeben. Ein Schnitzel ist zu viel. Das nimmt sich der Angestellte neben mir und bestellt seinen Putenstreifensalat ab. Zu spät. Keine zwei Minuten später kommt der Salat, dessen sich Pekarek annimmt. Und wieder ein Schnitzel zu viel. Statt einer Kinderportion für eine etwa 80-jährige Frau kommt die große. Ein Teilnehmer merkt an, dass die Währinger Kinder ganz schön groß sein müssten, wenn das eine Kinderportion sei. „Groß und so dick wie Göring“, wirft der pensionierte Offizier mit dem Pfadfinderlook in die Runde und schmunzelt. Aus seiner Klarsichtfolie fällt während der Bemerkung eine ÖVP-Mitgliedskarte aus Plastik, die er gemächlich wieder einsortiert.

„Wie sollen wir denn mit dem Moslems umgehen?“, fragt der Fettleibige. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele an einer Evangelisierung interessiert sind. Aber da wäre es für mich sehr hilfreich, wenn ich Unterstützung bekommen könnte“. „Es ist so, dass sehr viele Moslems unter ihrer Religion leiden“, tönt es von weiter vorn. „Die sind sicher dankbar, wenn man sie anspricht“. Die Moslems, die die Erlösung durch das Christentum still herbeisehnen wie die amerikanischen Ureinwohner vor der Entdeckung Amerikas. Ein bekanntes Thema, nicht nur seit den umstrittenen Aussagen Josef Ratzingers. „Das ist heute nicht unser Thema“, mahnt die Schwarzhaarige mit dem ausgeprägten Teint Disziplin ein. „Im Wahlkampf würden wir uns mit so etwas verzetteln“. Der Fettleibige wirkt etwas verloren, akzeptiert es aber.

Auftritt der Bundeswahlkampfleiter. „Entschuldigung, ich bin etwas zu spät gekommen. Die Parkplätze“. „Grüß Sie Gott“, erwidert Pekarek. „Das ist gut, dass Sie da sind. Haben Sie die Unterlagen mitgebracht?“. „Einen Teil. Soll ich den Rest holen?“ „Ja bitte, einige müssen früher gehen“. Der Wahlkampfleiter, dessen bislang einprägsamste Eigenschaft sein deutscher Akzent war, verschwindet wieder und hinterlässt einen Stapel Unterlagen am Tisch. Ratlosigkeit bei Pekarek. Er hat den Faden verloren, was bei ihm öfter vorkommt. „Ja, ja der Islam. Wir haben immer wieder betont, dass der eine Bedrohung für unsere Kultur ist. Da müssen wir Aufklärung betreiben unter den Menschen. Und wir fordern auch das Müttergehalt, weil wir damit dem Islam etwas entgegensetzen können: Unsere Kinder“.

„Aber wie soll das gehen? Vom Müttergehalt werden ja vor allem Moslems mit ihren vielen Kindern profitieren! Da verstärken wir ja noch, was wir bekämpfen!“, warnt ein Mann am Tisch neben mir. „Deshalb fordern wir auch, dass das an die österreichische Staatsbürgerschaft gekoppelt ist. Und da muss man sich noch andere Maßnahmen überlegen, damit moslemische Familien mit Staatsbürgerschaft das nicht bekommen“. Gemessen an der sonstigen Ruhe der Runde entspannt sich eine hitzige Diskussion. Meinung und Gegenmeinung fliegen hin und her, allerdings erhebt niemand seine Stimme. Regelmäßige Untersuchungen als Zugangshürde für Moslems? Die würden sicher keine Beamten regelmäßig in die Wohnung lassen. Irgendwo dazwischen fällt das Stichwort Homoehe, ein Reizwort für die Fundis. Im allgemeinen Chaos der Wortmeldungen und Unterbrechungen geht das irgendwie unter.

Ich gehe auf eine Zigarette und treffe Hans, einen Kleinunternehmer aus einem Nachbarbezirk. Einer der wenigen, dem ein Du über die Lippen kommt. „Ich bin ein wenig enttäuscht. Mir fehlt das Programm. Nur gegen die Homo-Ehe zu sein, ist zu wenig. Obwohl, da bin ich selbstverständlich auch dagegen. Das war schon beim ersten Treffen so. Wie soll ich meinem Angestellten sagen, warum er die Christen wählen soll? Das ist noch sehr chaotisch“. Entmutigen lassen will er sich vom heutigen Treffen nicht. „Das wird schon noch, das braucht Zeit“. Ganz überzeugt klingt der Mitt-Dreißiger nicht. „Mir geht es um die abendländische Kultur. Die ist bedroht, die müssen wir bewahren“, erklärt er, warum er hier ist. Was er unter abendländischer Kultur versteht, kann er nicht so genau erklären.

Auf der Broschüre der „Christen“ zeigt man sich großzügig in Bezug auf die abendländische Kultur. Allgemeine Menschenrechte, Gleichstellung der Frau – alles Ergebnisse der christlichen Wurzeln Europas, die es zu verteidigen gelte. Das Wort Demokratie kommt in dieser Aufzählung interessanterweise nicht vor.

Der Wahlkampfleiter huscht an uns vorbei, Prospekte und Broschüren unter jedem Arm. Wir gehen zurück. Der Stoß auf dem Unterlagen-Tisch ist gewachsen. Er verdeckt fast den Wahlkampfleiter, einen Burschen Anfang oder Mitte zwanzig. Haar zurechtgefönt mit Scheitel, runde Brille, glatt rasiert. Er wirkt jünger, als er ist. Sein Polo mit den Querstreifen erinnert an die, die Erwin Pröll während seiner Sommergespräche gerne trägt. Die Farben sind etwas dezenter. „Nehmen Sie sich nur“, sagt der Wahlkampfleiter, offenbar eine Leihgabe radikaler Abtreibungsgegner an die „Christen“. Keine Ausnahme. Bundesobmann Alfons Adam, der heute versucht, eine Gruppe in Kärnten aufzubauen, ist beim Verein „pro vita“ engagiert, der für seine fundamentalistischen Positionen in Sachen Abtreibung bekannt ist. Human Life International, eine andere dieser Gruppen, stellt regelmäßig Filme für Wahlkampfveranstaltungen der „Christen“ bereit, ebenso „Jugend für das Leben“.

„Im Anschluss an diesen Film, der die volle unmenschliche Grausamkeit zeigte, mit der sogenannte Ärzte schutzlose Kinder im Mutterleib zerstückeln, nahmen viele die Gelegenheit wahr, vor unserem Notar die Unterschrift auf die Unterstützungserklärung zur Einleitung des Familien- und Kindervolksbegehrens für ein Müttergehalt zu unterzeichnen (…)“, heißt es etwa über eine Veranstaltung auf der Partei-Homepage.

„Hier liegen nur ein paar hundert Prospekte. Wenn sie uns heute ausgehen – bei mir im Auto liegen 15.000“, kündigt der Wahlkampfleiter an. Es sind Hochglanzprodukte, sehr professionell gemacht. Nicht billig. „Bei Bedarf können wir jederzeit neue liefern. Das ist überhaupt kein Problem. Teilen Sie sie aus, auch an Leute, die sie vielleicht nachher in die Mülltonne werfen. Wir haben genug“. Bei den Zeitschriften solle man sparsamer sein – aber auch da wäre Nachdruck kein Problem. „Und in ein paar Wochen kommt unsere neue heraus, die speziell auf den Wahlkampf zugeschnitten ist“. Aufwändig produzierte Wahlkampfwerbung in rauen Mengen scheint für die christlich-fundamentalistische Bewegung kein Problem zu sein.

„Sollen wir die auch in Postkästen werfen?“ „Da wäre ich vorsichtig. Das kann auch gegenteilige Reaktionen auslösen“, sagt der Wahlkampfleiter. „Im Wahlkampf gelten andere Regeln“, wirft selbstbewusst ein Mann von weiter vorne ein. Er ist später gekommen und hat sich als Herr zu Greifing eingetragen. Sein Habitus ist der eines Angehörigen einer ehemals adeligen Familie. Teure Lodenjacke, schmaler Krawattenknoten. Sein Gesicht sieht aus wie eine Mischung aus John Gudenus und Josef Cap. „Ich werde mir jedenfalls sehr viele dieser Broschüren mitnehmen und meine eigene, große Verteileraktion machen“, kündigt er an und greift beherzt zu, mit einem leicht arroganten Lächeln auf den Lippen. Er glaubt zu wissen, wer der eigentliche Chef ist. Vielleicht nicht unberechtigt: Auf ihn hört man. Vor allem der Bundesheeroffizier zollt ihm großen Respekt.

Der Offizier ist es auch, der als nächster das Podium betritt. „Verkauf ist das Wichtigste. Schreiben Sie sich eine Liste zusammen mit allen Menschen, die Sie kennen. Sie werden überrascht sein, wie viele Sie kennen. Und dann überlegen Sie sich, wer von diesen Menschen für unsere Ziele offen ist. Rufen Sie jeden von denen an: Wissen Sie schon, wen Sie wählen werden? Wenn er ja sagt, verabschieden Sie sich. Wenn nicht, versuchen Sie ihn zu überzeugen: Warum nicht die Christen? Und jeder, den Sie gewinnen, soll es auch so machen“. Ein Schneeballsystem, wie er selber sagt, und er wirkt ein wenig, als würde er das für seinen eigenen Einfall halten. Bedächtiges Nicken. Den meisten scheint die Idee einleuchtend. „Wir müssen vorsichtig vorgehen, langsam und gut organisiert. Ständige Rückmeldungen sind das Wichtigste. Halten Sie die Leute bei der Stange! Telefonieren Sie täglich mit Ihnen, um das aktuelle Geschehen zu besprechen. Am besten, die rufen Sie an!“. Ein Zellensystem. „Das haben wir von den Nazis und den Kommunisten gelernt“. Einen Unterschied scheint er nicht zu machen. „Die waren sehr effektiv, als sie im Untergrund waren. Das waren auch unsere Vorgänger vor 2.000 Jahren. Netzwerke, Zellen! Und wir müssen uns heute daran halten, auch wir sind im Untergrund!“. Das Unterwandern einer Gesellschaft, ein Thema, das den Offizier zu beschäftigen scheint. Später wird er mir Tricks verraten, wie man eine gegnerische Veranstaltung umdrehen oder neutralisieren kann. „Sieben Prozent einer Gesellschaft, die gut organisiert sind, reichen, um eine Gesellschaft umzudrehen“, wird er mir mit einem Lächeln erzählen, ganz aufgeregt. Dass er sich und „die Christen“ zu diesen sieben Prozent zählt, davon ist auszugehen.

„Rechnen Sie mit Anfeindungen“, setzt der jugendliche Wahlkampfleiter fort. „Die kommen von der linksextremen Seite. Bei einer Veranstaltung der Abtreibungsgegner in Salzburg haben Demonstranten der Sozialistischen Linkspartei nicht vor Gewalttätigkeiten zurückgeschreckt. Sie haben Vortragende vom Mikrofon zurückgehalten, zum Teil auch mit Schlägen. Und sie haben Stühle zertrümmert“. Er malt das Schreckgespenst des roten Stoßtrupps an die Wand, der auf Verdacht alles kurz- und kleinschlägt, Andersdenkende inklusive. Der Fettleibige nickt interessiert. Bei den „Christen“ und anderen Fundis hört man diese Geschichten immer wieder. Vor allem Abtreibungsgegner sehen sich nach eigenen Angaben immer wieder Gewalt ausgesetzt.

Polizei, Securities und oft genug Betroffene und Zeugen schildern im Regelfall, die Gewalt sei von den christlichen Fundis ausgegangen, nicht von den Gegendemonstranten. „Dass die Abtreibungsgegner Frauen am Ärmel ziehen, die in die Abtreibungsklinik am Fleischmarkt wollen, und sie festhalten wollen, passiert immer wieder“, hat mir vor ein paar Jahren ein privater Sicherheitswächter erzählt. Er hat für die Klinik gearbeitet. „Schläge gibt es selten, so klug sind die Abtreibungsgegner mittlerweile auch“. Was nicht heißt, dass die Situation nicht eskalieren kann. Beschimpfungen oder den Versuch, psychische Gewalt auf Patientinnen der Klinik auszuüben, gebe es immer wieder.

„Auch im Internet sieht man das. Die Leute, die auf Internetforen wie orf.at oder standard.at sind, sind meist Linke. Die greifen uns an“ schildert der Wahlkampfleiter und beweist wieder, dass man Realität auf mehr als eine Art sehen kann. Die Forenwächter von orf.at stöhnen regelmäßig unter der Unterwanderung durch rechte Kampfposter, seien es Burschenschafter, Berufsposter der Volkspartei oder kirchennaher Gruppen. „Posten Sie dort, wann und so oft Sie können“, rät der Bursch.

Verfolgt und ausgegrenzt sein – eine Sichtweise der Welt, die sich bei Gruppen wie den „Christen“ großer Beliebtheit erfreut. „Auch die Kirchen stehen nicht geschlossen hinter uns“, kritisiert Nadja Schwarz im persönlichen Gespräch. Die Frau mit dem ausgeprägten Teint hat die Teilnehmer die Veranstaltung über genau im Auge behalten. Mittlerweile ist es 21 Uhr. „Priester haben unsere Leute daran gehindert, unsere Prospekte in den Kirchen zu verteilen. Unsere Leute sind rausgeworfen worden. Können Sie sich das vorstellen?“, kritisiert sie. Man habe es nicht leicht und suche die Distanz zu den Kirchen. „Wir sind für eine Trennung von Staat und Kirche“, erklärt Schwarz. Die Gesellschaft müsse aber nach christlichen Werten ausgerichtet sein: Keine Homoehe und Müttergehalt. Erst, dass Mütter bezahlt werden, damit sie mit ihren Kindern zuhause bleiben, werde wahre Gleichberechtigung bringen. Väter als Kindererzieher werden in diesem Modell nicht erwähnt. Das „Gehalt“ soll nach den Vorstellungen der Partei bis zum 18. Lebensjahr des Kindes ausbezahlt werden. Finanziert werden soll es unter anderem mit dem Abbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Anspruchsberechtigt sollen nur österreichische Paare sein – vorausgesetzt, sie sind verheiratet.

Zentraler Punkt: Der „Lebensschutz“, eine euphemistische Bezeichnung für die radikale Ablehnung der Fristenlösung. „Wie kommen wir dazu, dass wir massenweise wehrlose Kinder abschlachten?“ fragt Schwarz. „Das hat doch nichts mit den Rechten der Frau zu tun. Und da sieht man schon die ideologische Ausrichtung roter Politik. Da wird die Abtreibung unterstützt. (Landeshauptfrau Gabi, Anm.) Burgstaller etwa sorgt dafür, dass jeden Samstag ein Wiener Arzt nach Salzburg kommt und Abtreibungen vornimmt. Sie respektiert nicht, dass sich die Salzburger Ärzte weigern, das zu tun. Da besteht kein Unterschied zwischen ihrer Politik und dem Nationalsozialismus“. „Unsere“ Gesellschaft solle zerstört werden, mutmaßt die Frau über die Beweggründe. Warum, diese Antwort bleibt sie schuldig. Auch die Grünen sind nicht so gut angeschrieben. Nicht mehr, sagt Schwarz. „Die haben sich vom Umweltschutz entfernt und setzen jetzt auf eine falsche Gesellschaftspolitik“. Klingt ein wenig nach VGÖ.

Die „Christen“, das wird in dem Gespräch offenkundig, sind verzweifelt auf der Suche nach Aushängeschildern, die nicht aus dem Fundi-Eck kommen. „Wir sprechen alle Menschen an, die unsere Werte teilen – auch wenn nicht alle mit unserem Namen glücklich sind. Er steht für unsere Werte“. Das sei unabhängig vom Religionsbekenntnis. Gerade unter gläubigen Moslems gebe es viele, die gegen die Homo-Ehe seien. „Wir sind keine rein christliche Partei. Wir hätten gerne Moslems oder Juden, die für uns antreten und für uns in ihren Glaubensgemeinschaften Werbung machen“. Das, so das offensichtliche Kalkül, würde der Partei mehr Glaubwürdigkeit nach außen verleihen. Wie das mit der Werbung umzusetzen sei? Schwarz schlägt vor, die Prospekte etwa in einer Synagoge zu verteilen. Mich würde sie am liebsten gleich eine Kandidaturerklärung unterschreiben lassen. Ich bitte höflich um Bedenkzeit und nutze die mittlerweile allgemeine Aufbruchstimmung, um mich ebenfalls auf den Weg zu machen. So unauffällig, wie ich gerne möchte, gelingt mir das nicht. Der Bundesheeroffizier hält mich ein wenig auf, schildert mir seine Unterwanderungskonzepte.

Ich hänge mich an Maximilian an, einen der wenigen jungen Männer, um rascher einen Abgang machen zu können. Auf dem Weg zur U-Bahn schildert er mir seine Beweggründe, warum er bei den Christen ist. „Die ÖVP vertritt nicht mehr unsere Werte. Wie unser Bundesobmann einmal gesagt hat: Wenn sie wieder auf den wahren Weg zurückfindet, lösen wir uns auf und engagieren uns bei der Volkspartei. Aber momentan können wir nur von außen Druck ausüben und etwas verändern“. Die Partei sei kein Selbstzweck. „An der SPÖ und den Grünen gefällt mir ja das Soziale. Das haben wir gemeinsam, das wird in unserem Müttergehalt deutlich“. Aber, die Gesellschaftspolitik. „Dieser Zentralismus, das ist das Schlimme. Deshalb kann man sie nicht wählen. Die Kinder wollen sie möglichst früh den Eltern wegnehmen und staatlich in Kindergärten erziehen. Das ist nicht gut. Die Kinder sollen bei ihren Eltern bleiben dürfen“. Ein Punkt, der sich auch im Parteiprogramm und auf der Broschüre findet. Die Formulierung spricht Bände: „Die Erziehungsgewalt der Eltern muss absoluten Vorrang haben“.


Leserbrief Alexander Wuppinger

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